WiSe 13/14: Das Berufsfeld Museum für Geisteswissenschaftler

Im Wintersemester 2013/14 fand im ABV-Bereich der FU Berlin das Seminar: Das Berufsfeld Museum für GeisteswissenschaftlerInnen statt:

“Museen, Gedenkstätten und andere ausstellende Institutionen bieten für Geisteswissenschaftler/innen ein attraktives Berufsfeld, denn hier kann in vielfältigen Arbeitsbereichen das im Studium erworbene Wissen praxisnah eingesetzt werden.

Während des Seminars werden ausgewählte museale Arbeitsbereiche, deren spezifische Herausforderungen und Produktionsprozesse vorgestellt. Darüber hinaus wird zu einer kritischen Auseinandersetzung mit Ausstellungen als Zeugnissen und Abbildern gesellschaftlicher Wirklichkeiten angeregt.

Anhand von Exkursionen an ausgewählte historische sowie kultur- und regionalgeschichtliche Berliner Museen sowie im Rahmen von Gesprächen mit Museumsfachleuten erhalten die Teilnehmer Einblicke in ausgewählte Arbeitsbereiche des Berufsfelds „Museum“. Die Exkursionen werden in den Folgeterminen gemeinsam ausgewertet und dienen als Grundlage für die Projektarbeiten. Abschließend entwickeln die Teilnehmer in Projektgruppen eigene, arbeitspraktisch ausgerichtete Konzepte, die gemeinsam diskutiert und abschließend überarbeitet werden.”

Die Exkursionen und Fachgespräche wurden von den Studierenden dokumentiert und können im Weiteren eingesehen werden:

Exkursion 1: Stadtmuseum / Märkisches Museum

Am 8. November starteten wir unsere Exkursionsreihe mit dem Besuch des Märkischen Museums, das zu der Stiftung Stadtmuseum Berlin gehört. Andere Häuser dieser Stiftung sind u.a. die Nikolaikirche und der Ephraim-Palais. Wir hatten einen Termin mit dem Kurator des Museums, Peter Schwirkmann, da wir uns bei dieser Exkursion hauptsächlich der Ausstellungskonzeption widmen wollten.

Nach einer kurzen Begrüßungsrede, in der Herr Schwirkmann vor allem die Architektur und die Entstehungsgeschichte des Hauses erläuterte, hatten wir ca eineinviertel Stunden Zeit, das Museum selbst zu erkunden und uns Besonderheiten und Unklarheiten der Ausstellungsbeschaffenheit zu notieren, bevor wir dann zur Gesprächsrunde mit Herrn Schwirkmann wieder zusammenfanden.

Eine Besonderheit dieses Museums ist, dass der Architekt Ludwig Hoffmann es 1908 eigens für eine Ausstellung konzipiert hatte, d.h. das Haus an sich ist schon Teil der Ausstellung. Das erklärt seine durchaus beeindruckende Architektur, die dem Museum einen besonderen Charme verleiht, der sich sofort auch auf die Ausstellung überträgt. Andererseits stellt diese Eigenschaft auch eine Schwierigkeit dar, da der Kurator von der Dominanz der Architektur sehr eingeschränkt ist und sich nur schwer von den alten Strukturen lösen kann.

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Die Ausstellung, die sich mit der jüngeren Geschichte Berlins auseinandersetzt, ist nicht chronologisch aufgebaut, sondern sucht sich einzelne bekannte Orte in Berlin Mitte wie den Gendarmenmarkt oder die Friedrichstraße heraus, um diese dann gezielt auf ihre Entwicklung durch die einzelnen Epochen zu untersuchen. Das Drehbuch der Ausstellung stellt ein „Spaziergang“ durch die alte Berliner Mitte dar, der visuell durch alte Spazierstöcke und Kartenausschnitte realisiert wird.

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Im Gespräch mit Herrn Schwirkmann konnten wir dann mehr über das Entstehen der Ausstellung erfahren und ihm auch ein Feedback über unsere Eindrücke der Ausstellung geben. Problematisch sind beispielsweise die alten Stadtplanausschnitte, die dem heutigen Betrachter ohne weiteres Wissen nicht allzu hilfreich sind. Des Weiteren einigten wir uns darauf, dass es Besuchern leichter fiele, Inhalte aufzunehmen, die für sie einen persönlichen Bezug haben. So waren uns Ausstellungsbereiche über Orte wie die Stalinallee (heute Karl-Marx-Allee) oder den U-Bahnhof Schönhauser Allee leichter zugänglich als beispielsweise das Klosterviertel, von dem heute nur noch Klosterruine und U-Bahnstation übrig geblieben sind.

Positiv fielen die unterschiedlichen Farbgebungen der Museumsräume auf. Durch den Wechsel von klassisch weißen Ausstellungsräumen und teilweise sehr bunten Räumen, kann der Besucher sich besser an einzelne Räume erinnern und hat ein Gefühl größerer Abwechslung. Ein Konzept, das Herr Schwirkmann gerne weiter nutzen und verbessern möchte.

Das Konzept der „Blickwechsel“, das sich durch die komplette Ausstellung zieht, erschloss sich den meisten von uns auf den ersten Blick nicht. Ziel dieses Konzepts ist gewissermaßen eine Ausstellung innerhalb der Ausstellung zu realisieren, mit häufig wechselnden Themen. Jedoch scheint – zumindest in Bezug auf unsere Gruppe – dieses Konzept sein Ziel, hinsichtlich eines gewissen Themenkomplexes zum Nachdenken anzuregen, zu verfehlen. Die schwere Zugänglichkeit der „Blickwechsel“ führte letztlich dazu, dass viele von uns sich gar nicht mit dem Thema beschäftigten, bzw. überhaupt gar nicht auf die Idee kamen, es zu tun.

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Im Allgemeinen war auffallend, dass Herr Schwirkmann selbst nicht alle Aspekte der Ausstellung für vollkommen gelungen erachtet. Zum Teil wirkte er zu selbstkritisch und fast schon entschuldigend. Dies ist vermutlich dem Umstand geschuldet, dass er nicht gewissermaßen als Alleinherrscher über Form und Inhalt einer Ausstellung entscheidet, sondern auf viele andere Entscheidungen und Interessen Rücksicht nehmen muss. Definitiv etwas, das wir als Erkenntnis dieses Tages für unsere Gruppe mitnehmen konnten. Andererseits war er sehr offen für Kritik und nahm Verbesserungsvorschläge gerne an. Der Dialog schien für alle Beteiligten von Vorteil.

Herrn Schwirkmanns Aussagen in Bezug auf die Berufschancen und die einzelnen Karrieren seiner Kollegen und seiner selbst, gaben Aufschluss darüber, dass alle möglichen Studiengänge in das Berufsfeld Museum führen können und dass es keinen typischen Werdegang gibt. (Ausgenommen sei vielleicht der Studiengang Museologie in der DDR, den es in dieser Form nicht mehr gibt.) Dennoch sagte er relativ konkret, dass es hilfreich sei – zumindest für das Märkische Museum – Geschichte oder Kunstgeschichte als Haupt- oder Nebenfach belegt zu haben.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Besuch sehr informativ war, Herr Schwirkmann sich viel Zeit für uns genommen hat und ein offenes Gespräch mit uns geführt hat. Im Bereich der Ausstellungsgestaltung scheint es so, dass vor allem bei Museen mit geschichtlichem Schwerpunkt immer auf aktuellen Bezug geachtet werden muss und „der Besucher da abgeholt werden muss, wo er ist und nicht, wo er sein sollte.“

Lina Debs, Laura Schupp, David Jost

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Exkursion 2: Deutsches Historisches Museum

Die Exkursion am 29. November 2013 führte ins Deutsche Historische Museum (DHM), dessen Dauer- und aktuelle Sonderausstellung insbesondere vor dem Hintergrund musealer Bildungs- und Vermittlungsarbeit behandelt werden sollte.

Zunächst gab Herr Sehrt eine kurze Einführung in die Aufgaben des Arbeitsfelds „Bildung und Vermittlung“ – eine Bezeichnung, die den älteren Begriff der „Museumspädagogik“ abgelöst hat. Tatsächlich beschränkt sich dieser Bereich nicht auf eine bestimmte Zielgruppe (z.B. Schülergruppen, wie es der Pädagogik-Begriff tendenziell nahelegen würde), sondern bezieht sehr viel umfassender die gesamte Technik der Vermittlung von Museumsinhalten ein. Dabei wird bewusst versucht, etwa auch „Nicht-Besucher“ anzusprechen und für die behandelte Thematik zu interessieren. Der Arbeitsbereich beabsichtigt, dem Besucher das zunächst Unzugängliche mittels Vermittlung zugänglich zu machen.

Ein Beispiel für besucherorientierte Vermittlungsarbeit stellen etwa die vom DHM bereitgestellten, auf verschiedene Zielgruppen ausgerichteten Hörführungen dar, hier besteht die Wahlmöglichkeit zwischen einer normalen Hörführung mit 100 und einer „Expressführung“ aus rund 90 Stationen.

Foyer1

Die ständige Ausstellung des DHM wurde von der Gruppe zuerst besichtigt. Diese Dauerausstellung behandelt „deutsche Geschichte“ (eine problematische Bezeichnung, denn hier ergeben sich grundlegende inhaltliche Schwierigkeiten, wo eine Darstellung vermeintlich „deutscher Geschichte“ ansetzen sollte und ob eine linear-stringente Behandlung des Geschichtsverlaufs, beeinflusst auch durch Ausstellungsarchitektur, überhaupt angemessen ist) chronologisch vom ersten Jahrhundert vor Christus bis 1994, wobei der Schwerpunkt klar auf die historische Entwicklung seit dem Spätmittelalter / Beginn der Frühen Neuzeit gelegt wird. Die Ausstellung präsentiert sich in einer eher „konservativen“ Aufmachung und ordnet sich um die (im ehemaligen Zeughaus, dem alten preußischen Arsenal) in großer Zahl vorhandenen Exponate an, was Fragen nach der jeweiligen Objektpräsentation aufwirft. Darunter wurden verschiedene Kriterien für Ausstellungstexte, die dem Besucher das Ausstellungsobjekt vermitteln sollten – etwa eine angemessene Text-Raum-Aufteilung, semantische Optimierung, Informationsmenge, die Problematik der inhaltlichen Ausrichtung zwischen wissenschaftlichem Anspruch und allgemeiner Verständlichkeit sowie des möglichen Einbezugs der oft komplexen Gegenstandsgeschichte selbst – besprochen.

In einer aktuellen so genannten Kulturpartnerschaft mit „Stage Entertainment“ zum Theatermusical „Gefährten“ findet sich im Museum ein Parcours mit zwölf Stationen zum Thema „Vom Ritterheer zum Stellungskrieg – Pferde in der Geschichte des Krieges“. Dazu werden auch Führungen für Gruppen und Schulklassen angeboten, wobei die ausliegenden Werbeflyer für kommerzielles Entertainment innerhalb des DHM wohl als problematisch gelten können.

Die Dauerausstellung bietet dem thematisch interessierten Besucher durch didaktische Schubladen mit Zusatzinfos sowie ausliegende Begleithefte und Kataloge textliches Ergänzungsmaterial. Zumindest in einem Hands On-Bereich wird mit Nachbildungen von Originalexponaten gearbeitet, teilweise sind auch Modelle in die Ausstellung integriert (etwa des nationalsozialistischen Baukonzepts der „Großen Halle“). Mehrfach angesprochen wurde auch die Herausforderung, im Rahmen einer Führung das Besucherinteresse – etwa durch Neugierde weckende Fragestellungen – auf bestimmte Aspekte zu lenken. Umgekehrt sind bedingt auch Rückmeldungen der Besucher an das Museum möglich, die beispielsweise auf inhaltliche Fehler oder falsche Beschriftungen verweisen können.

Große Halle1

Anschließend folgte der Besuch der aktuellen Sonderausstellung „Leben nach Luther – Eine Kulturgeschichte des evangelischen Pfarrhauses“, begleitet von Frau Portele-Anyangbe aus dem Fachbereich Bildung und Vermittlung des DHM. Als grundsätzliches Problem der Ausstellung in ihrer thematischen Ausrichtung wurde bereits eingangs die weitreichende Säkularisierung Berlins benannt, was auch die Bildungs- und Vermittlungsarbeit einer evangelischer Religiosität gewidmeten Ausstellung vor besondere Herausforderungen stellt. Auch die Schwierigkeit, einen konkreten Gegenwartsbezug herzustellen, wurde anhand des nicht unumstrittenen Titels verdeutlicht. Einen Versuch des Einbezugs der Gegenwart bildet allerdings die Fotostrecke auf einer Monitorwand im Eingangsbereich des DHM, die unter Mitwirkung des Kirchenkreises Berlin-Stadtmitte, der BEST-Sabel Hochschule und der Ostkreuzschule für Fotographie entstand und das Leben im modernen evangelischen Pfarrhaus, verbunden mit verschiedenen Fragestellungen, zeigt.

Sonderausstellung

Frau Portele-Anyangbe erläuterte auch das im Rahmen der Sonderausstellung umgesetzte Vermittlungskonzept für Kinder. So wird eine „Walpurga“ genannte Stoffpuppe einer Kirchenmaus, frei nach der historischen Pfarrersfrau Walpurga Bugenhagen aus dem 16. Jahrhundert modelliert, bei Kinderführungen benutzt, dazu können weitere Mauspuppen von den Kindern getragen werden. Sämtliche Figuren wurden von einer Kostümbilderin für die Sonderausstellung angefertigt. Weiterhin werden Miniaturmodelle von Moscheen, Kirchen und Synagogen eingesetzt, nicht so sehr um historisches Wissen zu vermitteln, sondern allgemein Grundwissen über Religion.

Weitere Besonderheiten der Sonderausstellung stellen die Kooperation mit dem speziell kirchenorientierte Stadtführungen anbietenden Unternehmen „Cross Roads“ sowie ein Sonderformat mit einem Prediger des Berliner Doms dar. Vermittlung erfolgt unter anderem durch Multimedia- und Videoinstallationen, aber auch durch kreative Visualisierungen (z.B. Pflanzen, um ein dieses Bild aufrufendes Bibelzitat hervorzuheben). Die Ausstellung ist farblich nach verschiedenen Themenblöcken untergliedert – grau etwa für berühmte, mit dem Pfarrhaus verbundene Persönlichkeiten, oder rosa für  zeitgeschichtliche Aspekte sowie Gegenwart und Zukunft der Kirche, was durch ein Angebot an Podiumsdiskussionen für Interessierte ergänzt wird. Ab Februar 2014 ist eine Fortsetzung von „Leben nach Luther“ als Wanderausstellung mit 30 Stationen geplant.

Abschließend betrachtet haben die Ausstellungsbesuche sowie das Fachgespräch mit Frau Portele-Anyangbe die Bedeutung der Bildungs- und Vermittlungsarbeit an der Schnittstelle zwischen Besucher und Museum anhand zahlreicher praktischer Beispiele nachvollziehbar – und damit gut vermittelt – herausgestellt.

AG Bildung und Vermittlung (Patricia Euwens, Lars Hoffmann)

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Exkursion 3: Museum Neukölln

Moderne Medien „eröffnen den Museen in ihrem zeitgemäßen Anspruch an Partizipation, insbesondere im Bereich der kulturellen Bildung, eine entscheidende Möglichkeit“ (Museumskunde, Bd. 77/2012, Heft 1) – davon konnten wir uns bei unserem Besuch des Neukölln Museums im ehemaligen Gutshof Britz selbst überzeugen. Es versteht sich als innovatives Regionalmuseum, das die Besucher mit der Dauerausstellung „99 x Neukölln“ dazu einlädt, Stadtgeschichte zu entdecken und sich aktiv damit zu beschäftigen. Ergänzt wird diese durch wechselnde Sonderausstellungen zum Thema Kunst und Fotografie.

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Der Hauptraum besteht aus einem kleinen Museumsshop und einem größeren Ausstellungsbereich. In zwei großen Vitrinen zur rechten und linken Seite des Raumes und vier zusätzlichen runden Schaukästen werden 99 Originalobjekte der Sammlung rund um die Geschichte Neuköllns gezeigt. Jede Vitrine wird durch ein Computerterminal, bedienbar über Touch-Screen, ergänzt, das manuell zu den Objekten bewegt werden kann und umfassende Informationen zu allen Exponaten liefert. So werden Objektsbeschriftungen überflüssig und die Dinge können ganz für sich selbst wirken und ihre Geschichte erzählen. Die moderne Technik und die klare Ausstellungsarchitektur stellen einen interessanten Kontrast zum rustikalen Bau des Gutshofsgebäudes dar. Auf einem großen Monitor im Zentrum des Raumes, der durch einen weiteren Touch-Screen-Monitor bedient wird. können drei einführende Videos angesehen werden, die den Einstieg in das Thema erleichtern und zugleich Interesse und Neugier wecken. Dieses Angebot nahmen wir mit Hilfe eines Museumsmitarbeiters gerne wahr. Die Filme bestechen durch moderne Präsentation und – für ein kulturhistorisches Museum eher untypisch – emotional erzählte persönliche Geschichten. Durch die Orientierung an den Leitfragen „Was?, Wann? und Wo?“ ermöglichen sie einen einfachen Einstieg, der sich vielen Besuchergruppen schnell erschließt. Der Museumsleiter Dr. Gößwald erklärte in einem späteren Fachgespräch, dass sich die Ausstellung das Ziel setzt Besucher von fünf bis 85 Jahren zu erreichen und keine Gruppen aus zu schließen. Auch für Behinderte ist die Ausstellung nahezu barrierefrei zugänglich, sodass nur die Höhe der Monitore eine kleine Einschränkung darstellt. Eine besondere Rolle spielt zudem die Wissensvermittlung an Kinder und Jugendliche, denen durch Führungen und Workshops mit Hilfe von zwei Museumslehrern die Bezirksgeschichte näher gebracht werden soll.

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Nachdem wir die Videos gesehen hatten, nutzten wir die Zeit, um die Dinge genauer zu betrachten und uns mit dem umfangreichen Multimedia-Angebot vertraut zu machen. Wir erforschten die Terminals allein oder in kleinen Gruppen, oder ließen uns an einem der vier Standrechner nieder. Die Software ist leicht bedienbar und trotzdem umfangreich. Sie macht umfassende Informationen in den Sprachen deutsch, englisch und „easy“ zugänglich. Wobei sich die Sprachoption „easy“ u.a. an Besucher richtet, die ihre deutschen Sprachkenntnisse noch ausbauen möchten. Neben allgemeinen Objektinformationen bieten die Optionen „Wissensnetz“ und „Super-Wissensnetz“ die Möglichkeit eine Vertiefung des Wissens über historische, soziale und kulturelle Dimensionen zu erhalten. Als kleiner Ansporn kann ebenfalls ein Quiz zu dem eben Gelesenen und Gelernten absolviert werden. Gegenstände werden durch Hintergrundinformationen und persönliche Geschichten emotional aufgeladen. Dadurch wird beim Betrachter das Interesse geweckt, sich nicht nur über das Objekt selbst, sondern darüber hinaus über historische und kulturelle Hintergründe zu informieren. Als gutes Beispiel für diese Wirkung sind die drei Kasperlepuppen zu nennen. Sie gehörten den Mädchen Jutta Hönicke, die sie 1943 von ihrem Vater zu Weihnachten geschenkt bekam. Ihr Vater bastelte insgesamt 31 Puppen, die das Mädchen durch die letzten Kriegsjahre begleiteten und ihr die schwere Zeit erleichterten. Über das persönliche Schicksal hinaus verweisen sie aber auch auf das wegen der allgemeinen Rohstoffknappheit erlassene Verbot zur Herstellung von Kinderspielzeug. So wurden die Puppen aus Restmaterialien wie Pappmaschee, Stoff, Leder, Samt und Holz gefertigt. Weiterhin verweist dieses Exponat auf die lange Tradition des Puppentheaters in Neukölln. Ab 1920 gab es im Stadtteil ein Marionetten-Theater und bis heute lässt sich die Geschichte im Puppen-Theater-Museum Berlin weiter verfolgen.

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Diese Form des Lernens wird erst durch das Multimedia-Angebot möglich. Dabei wird besonders großer Wert auf die aktive Beteiligung des Besuchers gelegt, sodass er Wissen eigenständig erwerben und selektiv vertiefen kann. So ist es dem Museumsleiter Herrn Dr. Gößwald gelungen, dass der Medieneinsatz nicht zum Selbstzweck betrieben wird, sondern sich mit der Ausstellung sowohl konzeptionell als auch in der praktischen Anwendung verbindet. Herrn Dr. Gößwald nahm sich nach der eigenstänidgen Ausstellungsbesichtigung für ein gemeinsames Gespräch im „Geschichtsspeicher“ für uns Zeit. Der Geschichtsspeicher führt Archiv und Depot im ausgebauten Dachgeschoss zusammen und ermöglicht, nach vorheriger Anmeldung, Informationen über Geschichte, Alltagsleben und Kultur Neuköllns zu recherchieren. Er erlaubt somit allen Interessenten aktiv Geschichte aufzuarbeiten und bietet ebenfalls Raum für Workshops und das Lernen und Diskutieren in größerer Runde. Herr Dr. Gößwald sprach über die Entwicklung des Konzepts in Zusammenarbeit mit verschiedenen museumspädagogischen Firmen und Software-Entwicklern. Diese ermöglichten die kostengünstige Umsetzung des Projekts als Modellversuch, von dem beide Seiten profitieren. Gemeinsam diskutierten wir die Chancen aber auch die Risiken des Medieneinsatzes. Er betonte, dass die Rückbezüglichkeit vom Medium zum Objekt gewahrt werden muss und dass die erzählten Geschichten einen Spannungsbogen ziehen sollten, um die Aufmerksamkeit des Besuchers zu halten. Besonders seine Offenheit über die Finanzierung des Museumsausbaus war sehr erfreulich. Auf Nachfrage erklärte er, wie das Finanzierungskonzept jedem Besucher kostenfreien Eintritt gewährt. Zusätzlich sprach er über den Etat und den Erwerb von Drittmitteln.

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Abschließend führte er uns in einen Teil des Depots und zeigte uns Vitrinen und Schränke, die nicht ausgestellten Objekte zugänglich machen. Auch dieser Teil des Museums ist fast ausschließlich auf die optische Wahrnehmung ausgerichtet. Sehbehinderte Besucher haben daher leider keine Gelegenheit die Ausstellung zu erleben. Der Museumsleiter erklärte uns, dass die Ergänzung von Blindenschrift und anderen Kompensationsmöglichkeiten zwar erwogen, aber aus Kostengründen bisher wieder verworfen wurde. Hierin sehen wir die größte Schwäche in der medialen Umsetzung der sonst so gelungenen Präsentation. Trotzdem bietet der umfassende Medien- und Technikeinsatz die einmalige Chance, Geschichte und Kultur interaktiv zu erforschen.

AG Multimedia

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Exkursion 4: Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen (SDK)

Zu unserem Fachgespräch über den Museumsbereich Kommunikation trafen in der Abteilung Kommunikation der SDK mit Frau Linda Mann. Frau Mann arbeitet im Bereich Marketing und Veranstaltung und erläuterte zunächst, dass diese Abteilung in zweifacher Hinsicht eine Schnittstelle ist, und zwar innerhalb des Hauses, als auch zwischen internen und externen Arbeitsbereichen. Die 8 Mitarbeiter der Kommunikationsabteilung der SDK sind unter anderem für die Publikationen und die Publikationsbegleitung, den Medienüberwachungsdienst/Pressespiegel, die Internetredaktion/social media, die Ausstellung, das Programm, Vermietungen und für das Marketing und Veranstaltungen verantwortlich.

Im Bereich Marketing arbeitet die SDK zielgruppenorientiert. Aktuell liegt der Fokus dabeiauf den Besuchern des Potsdamer Platzes und insbesondere auf den 9 Millionen Gästen, die jährlich das Sony Center besuchen, in dem die Räumlichkeiten der SDK liegen. Mittels eines neuen Konzeptes zur Umgestaltung der Außenkommunikation des Hauses wird die Marketingstrategie, diese Touristen verstärkt als Besucher der Kinemathek gewinnen zu können, umgesetzt.

Bei der Konzeption von Wechsel-bzw. Sonderausstellungen wird im Besonderen auf die Zielgruppe „Berliner Publikum“ eingegangen. Durch das Vermittlungsprogramm werden Themen angeboten, die speziell auf bestimmte Besuchsgruppen (u.a. Kinder, Hochschulgruppen) ausgerichtet sind.

Eine weitere Kernaufgabe der Marketingmitarbeiter ist (und bleibt) die Printwerbung. Dieser Teilbereich ist sehr umfangreich und arbeitsintensiv, da die Kinemathek eine große Bandbreite an Printmedien nutzt: Plakate, Imagebilder, Imagebroschüren, Flyer, Einladungen, Postkarten, Aufkleber, Schalten von Werbeanzeigen in Tageszeitungen, etc.. Die konsequent verfolgte Einheitlichkeit der Printmedien, die durch das Logo und die charakteristischenDiagonalen erreicht wird, ist Basis des Corporate Design der SDK und bewirkt einen Wiedererkennungseffekt der die Besucherbindung positiv beeinflusst. Jedes neugestaltete Printmedium erfordert ein eigenes Konzept über das redaktionell abgestimmt werden muss und für das, im Falle von eingearbeiteten Fotos, die Rechte geklärt bzw. eingeholt werden müssen. Die Umsetzung des Printmarketing erfolgt dabei in Zusammenarbeit mit einembestimmten Designbüro. Dies ermöglicht eine schnelle Umsetzung der Vorhaben daErfahrungen mit dem Corporate Design bestehen.

Im digitalen Bereich ist aktuell der Facebook-Auftritt der Kinemathek für die Marketingabteilung von großer Bedeutung, da auf dieser Plattform auch kurzfristig Informationen kommuniziert werden können und somit ein „Blick nach Innen“ möglich wird, den ein Programmheft nicht leistet. Durch die Möglichkeit Kommentare zu posten entsteht zudem eine digitale Interaktion, durch die die SDK unter anderem auf Feedback eingehen kann. Einheitlichkeit in der Kommunikation ist dabei auch für die Homepage, die Facebook-Seite oder z.B. den Videochannel der SDK, wichtig.

Ein Ziel ist es die Besucherforschung weiter aufzubauen. Es gab bereits eine Forschung zwischen 2009 und 2012 die in 8 Befragungswellen stattfand. Nun sollen bei wöchentlichen Befragungen einzelne Wochentage erfasst werden.

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Eine Aufgabe für die Zukunft ist es,  einen Online-Newsletter zu entwickeln. Entsprechende Daten bzw. Kontakte (email- Listen) zu sammeln ist dabei finanziell und auch arbeitstechnisch eine große Herausforderung.

Im Verlauf des Gesprächs hat Frau Mann noch auf eine marketingstrategische Besonderheit der SDK hingewiesen. Die Konkurrenz unter Museen in Berlin ist relativ groß, alleinaufgrund der Vielzahl an Ausstellungshäusern. Allerdings ist die Deutsche Kinemathek das einzige Haus mit dem Thema/Inhalt Film-u. Fernsehen und hat somit in der größten Stadt Deutschlands ein Alleinstellungsmerkmal. Grundsätzlich ist die Deutsche Kinemathek und mit ihr die Abteilung für Kommunikation  offen für neue Ideen und deren Erprobung und istbestrebt ihre Formate unter Beibehaltung des Wiedererkennungswertes weiterzuentwickeln.

AG Kommunikation (Oxana Dubova, Mirjam Angstenberger, Katja Lehmann)

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